Headhunters

Helena Waldmann’s new piece, “Headhunters” has a lot to do with cutting. It has also to do with the cutting off of old ponytails. The scene with the screen, whose frame is decorated with luxury springs, are nearly the only moments which bear any familiarity to Waldmann’s earlier pieces. Instead of flattening out the stage like in “luckyjohnny” or “vodka konkav”, this time Waldmann impressively uses the entire depth of the stage and with it creates a kind of ritual. The bodies of the dancers not only leave an impression on the retina of the audiences’ eyes but also their bodies get involved. With kind of trance inspired shaking movements, four of the eight dancers lift themselves slowly from the floor. Stuck between the legs, rising gradually from the floor, a huge bundle of hair as a symbol of growing strength and power appears. On the left side of the stage, on the cable, hangs a figure with a green Tutu type of skirt on, which turns out to be a streak of a wild mane of a man, which lies under her on the floor. She opens her legs in the air like scissors, and later she will cut the hair off of his head like Delia once castrated Samsom. “Headhunters” moves us with amazement and surprises us with images. “Headhunters” has really become a proper theatrical event: “Grand Guignol” and archaic disguises with all the tricks of the theatre.

What nearly appears to be the dominating theme is a head, to be cut and styled in a hairdressing salon, which pops up again and again on a screen on the first level. On a higher level, on a huge stage, hanging from a strong cable, are creatures romping about that have animalistic features, but which at times are faceless and gather together in small groups. The happening is complimented with Brazilian drum rhythm and wins with it nearly cult character.

It is similar to a furious rebel against violence, which comes from outside, excited, lively, sensual and aggressive. Traditional hair, oversized, shimmering, overlong appears always in danger, threatened by them, which break on them or from huge scissors that could cut off the hair. Everything vibrates in front of massive strong images, with a clever choice of light and color, peculiar and fascinating at the same time. It all comes together in tragic-comical dance scenes: The creatures have admittedly unbelievable vitality, but their liveliness appears to be in danger, their erotic disturbs and reduces. A strong picture at the end, how the the figure from high up on the cable gives instructions to the others on how they should move. They obey, silent and speechless, caught in oppressively strange circumstances – although shortly before they had bubbled over in exploding movement. The parable over the dealings with their own roots leaves a lot open, images fall powerfully into the audience, intensive and distraught. They want conflict and pose questions about human’s identity and lifestyle.

Nothing is allowed to follow, with tranquility, the course of its nature in the eighth choreography of Viladança Dance Group: „Headhunters“ . There’s always an abrupt cut, am unexpected re-start, a horrible razor that, at all times, threatens the characters yet, at the same time, hypnotizes the audience’s eyes.
This shows that the research done by choreographers Cristina Castro (Brazil) and Helena Waldmann (Germany) was successful. This investigation had as its initial goal the symbolic representation of wigs , the idea of cuts and losses ,which can be seen as metaphors of human life. A feeling of incompleteness permeates the performance.
„Headhunters“ shows a clear approach to visual arts that can be observed in the rich wardrobe designed by Adriana Hatomi, in the beautiful sceneries signed by the choreographers and in the creative lighting by Fábio Espirito Santo and Herbert Cybulska.
From the research of the topic to sound editing one can observe a complete overlapping of image, sound, and aesthetic conception. It’s difficult to distinguish what, in the light, suggests the movement, or what, in the scene, originated in the conception of the scenery. For instance, the transition from video to dance is made with rare subtlety , a real challenge in performances of this type.
The fragmentary move, synchronized within short spaces, demonstrates the choreographers mastery of the elements of the dance-theater, which add value to the performances of the group. A powerful work, full of expressive images and a constant, incisive rhythm.

Noch während des Einlasses fällt unser Blick auf eine Leinwand vor dem Bühnenvorhang, auf der Menschen zu sehen sind, die sich beim Frisör vor dem Spiegel zurechtzupfen und rupfen, um sich selbst zu gefallen. Wenn sich der Vorhang hebt, wirft ein Spot von hinten den Kopf eines Tänzers als Schatten auf die Leinwand, wo er einem Avatar gleich, als Platzhalter für die Gesichter auf den
Videofilmen dient, die auf ihn projiziert werden. Doch plötzlich wird die Leinwand zerstört. Eine Schere zerfetzt das Papier und mit ihm die Gesichter und Identitäten der Menschen, die eben noch friedlich beim Frisör saßen.
Ums Schneiden geht es viel in Headhunters“, Helena Waldmanns neuem Stück, auch ums Abschneiden alter Zöpfe, denn die Szenen mit der Leinwand, deren Rahmen mit üppigen Federn verziert ist, sind nahezu die einzigen Momente, die an Waldmanns frühere Stücke anknüpfen.
Die Berliner Regisseurin und Choreographin hat ihr Stück im brasilianischen Salvador de Bahia mit der dort ansässigen Companhia Villadança und deren Leiterin Cristina Castro erarbeitet – eine Begegnung, die sie wohl heraus geführt hat aus ihrem kontrollierten Spiel mit der Optik der Zuschauer. Statt die Bühne wie in „glücksjohnny“ oder „vodka konkav“ auf Leinwandformat zu verflachen, nutzt sie sie diesmal in ihrer ganzen räumliche Tiefe souverän aus und inszeniert eine Art Ritual, das die Körper der Tänzer nicht nur als Bild auf der Netzhaut der Zuschauer
erscheinen lässt, sondern auch deren Körperlichkeit ins Spiel bringt. Mit tranceartigen Schüttelbewegungen erheben sich vier der acht Tänzer und Tänzerinnen allmählich vom Boden, ein riesiges Bündel Haare als Symbol erwachsender Stärke und Potenz zwischen die Beine geklemmt. Auf der linken Bühnenhälfte hängt eine Figur mit einem grünen Tutu-ähnlichen Rock an einem Seil, das sich als Strähne einer unbändigen Mähne eines Mannes entpuppt, der unter ihr auf dem
Boden liegt. Spreizt sie eben noch ihre Beine in der Luft wie eine Schere, wird sie ihm später die Haare vom Kopf reißen so wie einst Delila Samson mit der Schere kastriert hat. Steine fliegen durch die Luft, Scheren werden unter Funkenflug geschliffen und schnappen im Rhythmus auf und zu. Ein abgeschnittener Kopf mit heraushängender Zunge baumelt vom Schnürboden, eine Tänzerin trägt eine riesige Perücke aus farblich changierenden Fäden auf dem Kopf. Manchmal unterteilt Herbert Cybulskas Lichtregie die Bühne in drei Zonen, so dass ganz plötzlich
Tänzerformationen vor uns auftauchen, um genau so plötzlich wieder von der Dunkelheit verschluckt zu werden. Die Musik von Muslimgauze und Ubaka Hill, die das Stück ununterbrochen vorantreibt, spielt mit industriellem Krach ebenso wie mit Trommeln, mit verfremdeten Stimmen und wummernden Bässen, die den Boden des Theaters vibrieren lassen. Zum Schluss wachsen die Haarstränge baumhoch in den Bühnenhimmel und verwandeln die Szene in ein Dickicht aus
Fäden und Seilen, in dem sich die Tänzer ebenso verfangen und verstricken wie die
Blicke der Zuschauer.
Headhunters“ versetzt uns in Staunen und überrascht uns mit Bildern. Z.B. wenn vier Tänzer mit dem Rücken zum Publikum an der Rampe stehen und ihre Zungen herausstrecken, die kurz darauf abgeschnitten zu Boden fallen. Auch in diesem Sinn ist Headhunters“ ein richtiges Theaterspektakel geworden: Grand Guignol und archaisches Maskenspiel mit allen Mitteln des Theaters.

Beinahe leitmotivisch taucht da auf Ebene 1 in einem Bildschirm immer wieder ein Kopf auf, der im Frisörsalon beschnitten und in Form gebracht wird. Auf größerer Ebene, auf riesiger Bühne, in die starke Seile herabhängen, tummeln sich Wesen, die animalische Züge tragen, zuweilen gesichtslos sind und sich in kleinen Gruppen sammeln. Das Geschehen ist von Trommelrhythmen unterlegt und gewinnt beinahe kultischen Charakter. Es ähnelt einem wütenden Aufbegehren gegen Gewalt, die von außen kommt, aufgeregt, lebhaft, sinnlich und aggressiv. Haartracht, überriesig, schillernd, überlang scheint immer gefährdet, ist bedroht von denen, die daran reißen oder von Riesenscheren abgeschnitten zu werden. Alles vibriert vor wuchtig starken Bildern, mit raffinierter Licht- und Farbwahl eigentümlich und faszinierend zugleich. In tragikomischen Tanzszenen wird festgestellt: Die Wesen sind zwar von einer unglaublichen Vitalität, aber deren Lebendigkeit scheint in Gefahr, ihre Erotik befremdend und reduziert. Stärkstes Bild am Ende, wie eine der Figuren von einem Seil von ganz oben herab den anderen Vorgaben macht, wie sie sich zu bewegen haben. Sie gehorchen, lautlos und stumm, in beklemmender Fremdbestimmung gefangen – obwohl sie zuvor in überschäumender Bewegung explodiert waren.
Die Parabel über den Umgang mit eigener Ursprünglichkeit lässt vieles offen, Bilder fallen kraftvoll ins Publikum, intensiv und verstörend. Sie wollen Auseinandersetzung und stellen Fragen nach menschlicher Identität und Lebensweise.

In der achten Choreografie des Tanztheater Ensembles Viladança, Headhunters, ist nichts so, wie man es vom natürlichen Lauf der Dinge erwarten würde. Es gibt immer wieder einen harten Schnitt, einen unerwarteten Neubeginn, ein fürchterliches Klapprasiermesser, das die Tänzer bedroht und den Blick des Zuschauers hypnotisiert.
Die Grundidee der Inszenierung von Schnitten und Verlust als Metapher für das menschliche Leben, ist gelungen. Das Gefühl der Unvollkommenheit zieht sich durch das ganze Stück.
„Headhunters“ verrät eine deutliche Annäherung an die bildenden Künste, die bei den abwechslungsreichen Kostümen von Adriana Hitomi, dem gleichermaßen interessanten, von den Choreografinnen entworfenen Bühnenbild, sowie bei der kreativen Lichtregie Fábio Espirito Santos und Herbert Cybuskas sichtbar wird.
Von der Bearbeitung des Themas bis hin zur Tonregie bemerkt man eine vollständige Verwobenheit von Bild, Ton und ästhetischem Entwurf. So ist es beispielweise schwierig zu unterscheiden, wodurch bei der Beleuchtung die Bewegung suggeriert wird, oder was bei einer Szene vom Bühnenbild herrührt. Das Zusammenspiel von Video und Tanz ist von einer seltenen Subtilität. Die fragmentierten, für kurze Momente synchronen Bewegungen, beweisen eine gute Beherrschung der Elemente des Tanztheaters seitens der Choreografinnen, welcher das Viladança Ensembles Qualität verleiht. Ein bewegendes Werk ausdrucksreicher Bilder und eines ununterbrochenen und eindringlichen Rhythmus.

Headhunters Interview